Da lagen 69.396 Bitcoin herum und wurden jahrelang nicht „angefasst“ – plötzlich dann wird es transferiert und sorgt für erhebliches Aufsehen: Steht dahinter ein fast verlorenes Vermögen oder ein Hacker? Tatsächlich war es das Justizministerium, das zuerst die Bitcoins beschlagnahmte und dann kurz danach Klage einreichte um formell die Einziehung durchzuführen.
Dabei zeigt der Fall eine Besonderheit, die einige Zeilen Wert ist.
Einziehung von Bitcoin
Bitcoin können eingezogen werden, was auch in Deutschland praktiziert wird. Dabei hat man sich europaweit auf den zunehmend auch weltweit anzutreffenden Grundsatz verständigt, dass einem Straftäter auf keinen Fall verbleiben soll, was er durch die Tat erlangt hat.
Jedenfalls in Deutschland versucht der Bundesgerichtshof derzeit – noch – alle praktischen Probleme auszublenden und ignoriert etwa die Frage, wie damit umzugehen ist, wenn etwa die Daten für den Zugriff auf die Bitcoin beim Täter gar nicht mehr vorhanden sind. Dabei besteht für Täter aktuell noch der Vorzug, dass sie mit einem guten Strafverteidiger im Einzelfall die Vollstreckung abwehren können – was der Gesetzgeber aber ändern möchte.
Durchsuchungen um Vermögen aufzufinden
All das aber ist insoweit nichts besonderes, tatsächlich gehen gerade bei ernsthaften taten im Cybercrime die Ermittlungsbehörden speziell den Weg, Hausdurchsuchungen auch erst Jahre später durchzuführen – nicht um noch Beweise der Tat zu finden, sondern um die Vermögensverhältnisse aufzuklären und zu prüfen, ob es Anhaltspunkte für verstecktes Vermögen gibt. Strafprozessual ist dies möglich und ich konnte es auch schon in meinen Fällen mit digitalem Bezug beobachten.
Staat als faktischer Regulator des Bitcoin-Marktes
Für mich viel interessanter ist aber ein anderer Punkt: Es hat nun der US-Staat fast 70.000 Bitcoins beschlagnahmt. Damit wird das US-Justizministerium über Nacht zu einem Buckelwal in der Terminologie der Bitcoin-Wale. Wenn man nun überlegt, dass Bitcoins vollkommen dereguliert sind, der dezentrale Markt also Manipulationen frei zugänglich ist und bekanntlich unter diesen Umständen ein „Bitcoin-Wal“ extreme Kurssprünge auslösen kann, eröffnet sich ein Interessantes Szenario:
- Kryptowährungen bieten für Kriminelle den Reiz, dass Sie fernab der Geldwäsche Mechanismen und dereguliert genutzt werden können und bieten sich gerade bei umfangreicher organisierter Kriminalität an;
- Zugleich erhält der Staat über seine Justizbehörden Zugriff auf die einzelnen erlangten Kryptowährungen, dies in einem logischen Rückschluss umso mehr, je beliebter sie bei Kriminellen sind;
Das Ergebnis wäre, dass Kryptowährungen, die besonders beliebt bei Kriminellen sind zwar keiner rechtlichen Regulierung durch Staaten unterliegen – wohl aber einer faktischen. Denn wenn die Justizbehörden über zehntausende Einheiten verfügen und Märkte manipulieren können, besteht für all die anderen Nutzer ein erhebliches Vertrauensproblem.
Das Werkzeug der Einziehung von Vermögenswerten könnte sich damit in Zukunft zu einem mächtigen Werkzeug der Staaten insgesamt zur Kontrolle von Finanzinstrumenten eignen, die staatlich weder reguliert sind, noch in einem juristisch-kontrollierenden Sinne überhaupt zu regulieren wären. Das Risiko für den dauerhaft Bestand von Kryptowährungen sollte auf der Hand liegen.
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