Ethik im AI-Act

Der AI-Act der Europäischen Union integriert ethische Grundsätze in verschiedenen Artikeln und Abschnitten, um sicherzustellen, dass KI-Systeme sicher, vertrauenswürdig und im Einklang mit den Werten der EU gestaltet und genutzt werden. Ich möchte eine kurze Übersicht der wesentliche Artikel des AI_Act geben, in denen Ethik oder ethische Überlegungen eine Rolle spielen.


1. Einhaltung ethischer und beruflicher Standards (Artikel 2)

Artikel 2 betont, dass Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten im Bereich KI in Übereinstimmung mit anerkannten ethischen und professionellen Standards für wissenschaftliche Forschung durchgeführt werden müssen.

2. Risikobasierter Ansatz und ethische Leitlinien (Erwägungsgrund 27)

Der AI-Act verfolgt einen risikobasierten Ansatz und verweist auf die 2019 veröffentlichten Ethikleitlinien für vertrauenswürdige KI der unabhängigen Hochrangigen Expertengruppe für Künstliche Intelligenz (AI HLEG). Diese Leitlinien beinhalten sieben ethische Prinzipien: menschliche Handlungsfähigkeit und Aufsicht, technische Robustheit und Sicherheit, Datenschutz und Datenmanagement, Transparenz, Vielfalt, Nichtdiskriminierung und Fairness, gesellschaftliches und ökologisches Wohlergehen sowie Rechenschaftspflicht.

3. Förderung von Codes of Conduct (Artikel 56 und Artikel 95)

Anbieter von KI-Systemen werden ermutigt, freiwillige Verhaltenskodizes zu erstellen, die Elemente der ethischen Leitlinien der EU für vertrauenswürdige KI enthalten. Diese Verhaltenskodizes sollen helfen, die ethischen Anforderungen in der Praxis umzusetzen und sicherzustellen, dass KI-Systeme inklusiv und nachhaltig entwickelt und genutzt werden.

4. Menschliche Kontrolle und Aufsicht (Erwägungsgrund 7)

Der AI-Act betont die Bedeutung der menschlichen Kontrolle und Aufsicht über KI-Systeme, um sicherzustellen, dass diese als Werkzeuge dienen, die den Menschen unterstützen und deren Würde und Autonomie respektieren.

Anwendung philosophischen Wissens zur Ethik

Philosophisches Wissen zur Ethik kann bei der Umsetzung des AI-Acts in mehreren Bereichen von großer Bedeutung sein: Durch die Integration philosophischen Wissens in die Umsetzung des AI-Acts können Unternehmen sicherstellen, dass ihre KI-Systeme nicht nur rechtlichen Anforderungen entsprechen, sondern auch ethisch verantwortungsvoll und gesellschaftlich akzeptabel sind. Dies fördert Vertrauen und damit Absatz sowie Bindung an Kunden.

  • Risikobewertung und Management: Philosophische Ansätze zur Ethik können helfen, eine fundierte Risikobewertung durchzuführen, indem sie tiefere Einblicke in die potenziellen sozialen und moralischen Auswirkungen von KI-Systemen bieten.
  • Entwicklung ethischer Leitlinien: Philosophisches Wissen ist entscheidend für die Entwicklung und Implementierung von Verhaltenskodizes und ethischen Leitlinien, die sicherstellen, dass KI-Systeme im Einklang mit den Werten der Gesellschaft stehen.
  • Transparenz und Erklärbarkeit: Philosophische Diskussionen über Transparenz und Verantwortung können dazu beitragen, dass KI-Systeme so gestaltet werden, dass ihre Funktionsweise und Entscheidungen für die Nutzer nachvollziehbar und verständlich sind.
  • Nichtdiskriminierung und Fairness: Philosophische Theorien zur Gerechtigkeit und Fairness können dabei helfen, Diskriminierung zu erkennen und zu vermeiden sowie sicherzustellen, dass KI-Systeme gerecht und inklusiv sind.
  • Nachhaltigkeit und gesellschaftliches Wohlergehen: Ethische Überlegungen zur Nachhaltigkeit können dazu beitragen, dass KI-Systeme entwickelt werden, die langfristig positive Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Umwelt haben.

5. Technische Robustheit und Sicherheit (Artikel 9)

Artikel 9 fordert, dass KI-Systeme robust und widerstandsfähig gegenüber Problemen und Versuchen sind, die Nutzung oder Leistung des KI-Systems zu ändern. Dies soll unrechtmäßige Nutzung durch Dritte verhindern und unbeabsichtigte Schäden minimieren.

6. Datenschutz und Datenmanagement (Artikel 10)

KI-Systeme müssen gemäß den Datenschutzbestimmungen entwickelt und genutzt werden. Dies umfasst die Verarbeitung von Daten, die hohe Standards in Bezug auf Qualität und Integrität erfüllen, und die Gewährleistung, dass die Rechte der Betroffenen respektiert werden.

7. Transparenz (Artikel 13 und Artikel 52)

Der AI-Act legt großen Wert auf Transparenz bei der Entwicklung und Nutzung von KI-Systemen. Nutzer müssen darüber informiert werden, dass sie mit einem KI-System interagieren, und über die Fähigkeiten und Grenzen des Systems sowie über ihre Rechte aufgeklärt werden.

8. Vielfalt, Nichtdiskriminierung und Fairness (Erwägungsgrund 27 und Artikel 95)

KI-Systeme sollen so entwickelt und genutzt werden, dass sie verschiedene Akteure einbeziehen und gleichen Zugang, Geschlechtergerechtigkeit und kulturelle Vielfalt fördern. Diskriminierende Auswirkungen und unfaire Voreingenommenheiten müssen vermieden werden.

9. Gesellschaftliches und ökologisches Wohlergehen (Erwägungsgrund 7 und Artikel 9)

KI-Systeme sollen nachhaltig und umweltfreundlich entwickelt und genutzt werden und dem Wohlergehen aller Menschen dienen. Die langfristigen Auswirkungen auf Individuen, Gesellschaft und Demokratie sollen kontinuierlich überwacht und bewertet werden.


Ausblick

Der AI-Act integriert ethische Grundsätze in verschiedenen Artikeln und Abschnitten, um sicherzustellen, dass KI-Systeme im Einklang mit den Werten der EU entwickelt und genutzt werden. Diese umfassenden ethischen Anforderungen fördern das Vertrauen der Öffentlichkeit in KI und unterstützen die Schaffung eines europäischen Ökosystems für sichere und vertrauenswürdige KI.

Regulierung von künstlicher Intelligenz durch den AI-Act (KI-Verordnung)

Die KI-Verordnung (der „AI Act“) reguliert Entwicklung, Vertrieb und Einsatz von KI. Nun bringen es EU-Regeln mit sich, äußerst umfangreich und komplex zu sein – zwar bieten sich hier viele Hilfen beim Verständnis des Textes, aber gerade Laien sind schnell überfordert, die wesentlichen ersten Infos systematisch zu erfassen.

Im Folgenden möchte ich eine kleine Hilfestellung geben, zum Orientieren für diejenigen, die sich mit der Entwicklung von KI beschäftigen.

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CE-Kennzeichen für KI-Systeme?

Der AI-Act der Europäischen Union (EU) legt fest, dass Künstliche Intelligenz (KI)-Systeme, die in der EU verwendet werden, bestimmte Anforderungen erfüllen müssen, um sicherzustellen, dass sie sicher und vertrauenswürdig sind. Eine zentrale Komponente dieser Anforderungen ist die CE-Konformitätsprüfung.

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AI-Act: Zulässigkeit von Biometrischen Funktionen in KI-Systemen

Biometrische Daten spielen eine zunehmend wichtige Rolle: Von der Gesichtserkennung bis hin zur Authentifizierung per Fingerabdruck – die Nutzung biometrischer Funktionen in KI-Systemen bietet zahlreiche Möglichkeiten, bringt jedoch auch Herausforderungen und Risiken mit sich.

Der AI Act der Europäischen Union setzt hier klare Regeln, um den verantwortungsvollen und ethischen Einsatz dieser Technologien sicherzustellen. In diesem Blog-Beitrag gehe ich kurz darauf ein, unter welchen Bedingungen biometrische Funktionen in KI-Systemen zulässig sind und wann sie verboten sind.

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KI in der weltweiten Politik

Es ist sinnvoll, sich zunächst mit der aktuellen globalen politischen Landschaft im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) zu befassen – insbesondere mit den Entwicklungen in den USA, da viele marktbeherrschende Lösungen von dort stammen. In vielen Ländern wird an eigenen Lösungen gearbeitet, etwa schon länger in Brasilien, während manche Länder wie die Schweiz oder Japan von eigenständigen Gesetzen absehen wollen und auf einen Mix von Richtlinien und punktuell angepassten, bestehenden Gesetzen setzen.

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Richtlinie zur KI-Haftung

Richtlinie zur KI-Haftung: Der Entwurf für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Anpassung der Vorschriften über außervertragliche zivilrechtliche Haftung an künstliche Intelligenz (KI-Haftung) zielt darauf ab, einheitliche Anforderungen für die Haftung bei Schäden, die durch KI-Systeme verursacht werden, zu schaffen.

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AI-Act: Der nächste Schritt ist getan (Juni 2023)

Das Europäische Parlament hat den nächsten großen Schritt zur Regulierung der Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) in Europa gemacht. Das kürzlich verabschiedete KI-Gesetz (AI-Act, auch KI-Verordnung genannt, hier schon etwas ausführlicher vorgestellt) ist das weltweit Erste seiner Art und schafft einen umfassenden Rechtsrahmen für KI-Anwendungen.

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KI-Verordnung: EU reguliert Einsatz künstlicher Intelligenz

KI-Verordnung (KI-VO, auch AI-Act): Die EU möchte Entwicklung und Einsatz künstlicher Intelligenz regulieren. Hierzu liegt inzwischen ein Vorschlag für eine Verordnung über ein europäisches Konzept für Künstliche Intelligenz vor, wobei aus meiner Sicht zuvorderst besonders spannend die Frage sein dürfte, was man überhaupt unter künstlicher Intelligenz verstehen möchte.

Im Übrigen ist es noch recht früh für eine umfassende Übersicht der KI-Verordnung. Wichtig ist: Es soll einen Katalog absolut verbotener Einsatz-Szenarien von KI geben, es soll eine „High-Risk“-KI geben, für die besondere Vorgaben gelten; darüber hinaus gibt es Transparenzpflichten bei eingesetzter KI.

Update zum Stand der KI-Verordnung: Am 19.10.2022 hat die (tschechische) EU-Ratspräsidentschaft einen neuen Kompromiss vorgeschlagen, Ziel ist gegen Ende des Jahres 2022 eine Einigung für ein „KI-Gesetz“ zu finden. In dem 8. Vorschlag werden wesentliche Streitpunkte aufgegriffen. Am 11.5. wurde dann ein Kompromissvorschlag gefunden und beschlossen (der aber noch durch die weitere Gesetzgebung muss). Mehr dazu unten im Abschnitt „laufende Updates“.

Hinweis: Hier geht es um den Entwurf einer Verordnung zur Regulierung von KI („KI-Verordnung“, auch „AI Act“). Dies ist nicht zu verwechseln mit dem zugleich laufenden Versuch der EU, zivilrechtliche Haftungsregelung für künstliche Intelligenz aufzustellen, dazu siehe beispielsweise den zwischenzeitlich beschlossenen Text hier.

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Predictive Policing: Automatisierte Datenanalyse und Informationelle Selbstbestimmung

Die Zukunft der Kriminalitätsbekämpfung liegt wahrscheinlich in einem Wandel von der reinen Reaktion hin zur Prävention. Technisch möglich wird dieser Wandel durch die Kombination zweier technologischer Entwicklungen: Auf der einen Seite eine eklatante Anhäufung von Daten („Big Data“) und auf der anderen Seite die zunehmende Möglichkeit, durch bestimmte Formen künstlicher Intelligenz diese Daten nicht nur auszuwerten, sondern daraus auch brauchbare statistische Vorhersagen zu gewinnen. Dies ermöglicht zumindest theoretisch die Vorhersage des Auftretens von Straftaten, das sogenannte Predictive Policing.

Das Bundesverfassungsgericht hatte nun erstmals Gelegenheit, sich zu diesem Thema zu äußern. Die Entscheidung dürfte für Jahrzehnte richtungsweisend sein. Sie beginnt wenig überraschend mit der Klarstellung, dass, wenn gespeicherte Datenbestände mittels einer automatisierten Anwendung zur Analyse oder Auswertung von Daten verarbeitet werden, dies einen Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) all derjenigen darstellt, deren Daten bei diesem Vorgang personenbezogen verwendet werden (1 BvR 1547/19 und 1 BvR 2634/20). Betroffen sind also nicht nur die Personen, die am Ende der Auswertung möglicherweise Gegenstand von (weiteren) Ermittlungsmaßnahmen sind.

Ebenso hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich klargestellt, dass dann, wenn die entsprechende automatisierte Datenanalyse oder -auswertung einen schwerwiegenden Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht ermöglicht, dieser nur unter den engen Voraussetzungen gerechtfertigt werden kann, wie sie allgemein für eingriffsintensive heimliche Überwachungsmaßnahmen gelten. Das heißt: nur zum Schutz besonders gewichtiger Rechtsgüter, sofern für diese eine zumindest hinreichend konkrete Gefahr besteht.

Auf das Erfordernis einer zumindest hinreichend konkretisierten Gefahr für besonders wichtige Rechtsgüter kann aus verfassungsrechtlicher Sicht nur dann verzichtet werden, wenn die zulässigen Analyse- und Auswertungsmöglichkeiten durch Regelungen insbesondere zur Begrenzung von Art und Umfang der Daten und zur Beschränkung der Datenverarbeitungsmethoden normenklar und hinreichend bestimmt so eng begrenzt werden, dass das Eingriffsgewicht der Maßnahmen erheblich reduziert wird. Dabei hat das BVerfG sogar einen Kriterienkatalog für die jeweilige Abwägung gleich mitgeliefert, der äußerst umfangreich ist, zugleich aber eine formelhafte Betrachtung im Keim unterbindet.

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